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Menschen ändern sehr selten ihre eigene Meinung

Der Hang des Menschen, Beweise zu ignorieren, die nicht zu seiner Sicht der Dinge passen, kann persönliche Beziehungen belasten. Dies gilt auch für die Politik, was schon alarmierend genug ist. Der menschliche Verstand scheint äußerst gerne Dinge zu übernehmen, die seinen liebgewordenen Ansichten entgegenkommen. Thali Sharot erklärt: „Auf der einen Seite ist wohlbekannt, dass Menschen in extremer Weise sozialen Einflüssen ausgesetzt sind. Wir unterwerfen uns Trends und ahmen andere nach. Dies geschieht oftmals unbewusst. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass es sehr schwer ist, Menschen dazu zu bringen, eine neue Entscheidung oder Meinung zu übernehmen. Vor allem, wenn sie sich einmal auf eine festgelegt haben.“ Tali Sharot wurde an der New York University in Psychologie und Neurowissenschaften promoviert und ist Professorin am Institut für experimentelle Psychologie der University of London.

Viele Menschen ignorieren neue Informationen

Angesichts vorgefasster Überzeugungen und Meinungen kann es passieren, dass soziale Einflüsse ins Leere laufen. Zudem messen Menschen Informationen, die ihre zurückliegenden Entscheidungen stützen, mehr Gewicht bei als solchen, die diese untergraben. Quer durch alle Lebensbereiche verwerfen Menschen Informationen. Vor allem, wenn sie vorangegangenen Entscheidungen zuwiderlaufen. Sogar wenn es teuer wird. Das Gehirn eines Menschen ist ausgesprochen empfänglich für Informationen, die auf die Erkenntnis folgen, dass jemand anders eine ähnliche Entscheidung getroffen hat.

Bei Informationen hingegen, denen die Erkenntnis vorangegangen war, dass jemand anders entschieden hatte, zeigte sich ein deutlich herabgesetztes Verarbeitungsmuster. Das zeigt, dass Menschen in Fällen, in denen sie sich bereits einer Überzeugung angeschlossen oder eine Handlung begangen haben, Beweise ignorieren. Denn diese lassen sie ahnen, dass sie falschliegen könnten. Sie interpretieren die entsprechenden Daten einfach als unzuverlässig. Und wenn man die neue Beweislage als ungültig erachtet, macht man sich unter Umständen nicht einmal die Mühe, sie genauer in Augenschein zu nehmen.

Gemeinsame Motive führen zu Veränderungen

Egal ob es sich um eine Diskussion über die Kontrolle des Waffenbesitzes, um Football, Impfungen oder häusliche Uneinigkeit über ein Thema handelt. Wenn man Ansichten verändern will, muss man zuallererst in Betracht ziehen, was sich im Kopf des anderen abspielt. Tali Sharot betont: „Wenn wir ein starkes Motiv haben, etwas für wahr zu halten, wird auch der handfestere Beweis des Gegenteils bei uns auf taube Ohren stoßen.“ Ansichten stehen nur selten für sich. Meist sind sie in ein Netz von anderen Überzeugungen und Beweggründen eingebettet.

Die Ausgangsperspektive des anderen in Betracht zu ziehen, hilft, dass man sich darüber klar wird, wie sich Argumente auf eine Weise präsentieren lassen, die sie für den anderen überzeugend machen, und nicht in erster Linie für einen selbst. Mag man auch vom Gefühl her versucht sein, in eine Auseinandersetzung zu stürzen. Vor allem mit einem ordentlichen Haufen an Beweisen, die belegen, dass man recht hat und die andere Seite unrecht. Allerdings führt das einen möglicherweise in die Irre. Um erfolgreich Veränderungen anzustoßen, muss man sich bemühen, gemeinsame Motive zu finden. Quelle: „Die Meinung der anderen“ von Tali Sharot

Von Hans Klumbies

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